Montag, 17. März 2014

Worte des Vorsitzenden ... heute Junge Piraten nicht nur in Sachsen

Ich erinnere mich an meine Jugend, lang, lang ist's her. Ich war damals eher ein Verfechter einer "geraden politischen Linie" die man heute wohl eher als "an die Wurzel gehend" (radikal) bezeichnen würde. In der politischen Jugendorganisation in der ich war wurden ebenfalls Äußerungen getan die nicht allen in der Mutterpartei in das Konzept passten. Und doch hat man sich einigermaßen zusammengerauft. Seit dieser Zeit hat sich manches ereignet und ich bin wohl erheblich ruhiger geworden. Die letzten Monate in der Piratenpartei habe ich zumeist schweigend hinter mich gebracht. Und darum billige ich den Jungen Piraten auch zu ihre vielleicht manchmal überspitzten Ansichten, die letztlich der gemeinsamen Sache dienen, in die Öffentlichkeit zu tragen. Der letzte mir bekannten Beitrag "Verwaltung heißt Verantwortung" zählt auch dazu, bedarf nach meiner (Jawohl meiner) Ansicht jedoch ein paar Anmerkungen. Die Jungen Piraten schreiben da:"

Vor einigen Wochen hat eine Gruppe in der IT und der Verwaltung der Piratenpartei eine Aktion namens Orgastreik durchgeführt. Hierbei hat diese Gruppe die Infrastruktur, die ihr von der Partei anvertraut wurde, sabotiert um von der Partei ein ihr genehmes Verhalten zu erpressen. 

Nein, liebe junge Mitpiraten, mir scheint Ihr habt bis heute nicht begriffen um was es beim Orgastreik ging. Diese Aktion war an uns alle gerichtet und war ein Apell an vernünftige Umgangsformen unter uns allen, nicht mehr und nicht weniger. Von Sabotage i.S. der Erreichung eines politischen Ziels kann nicht die Rede sein. Es ging nicht darum eine bestimmte politische Ansicht durchzudrücken. Es ging darum allen in der Partei klarzumachen dass auch der innerparteiliche Opponent letztlich ein Mensch ist dem man mit Respekt zu begegnen hat und dem man nicht unlautere Motive unterstellen sollte. Zudem sollte es zu einem notwendigen innerparteilichen Dialog über die Grenzen von Gruppierungen hinaus kommen sollte.

Von Erpressung - s. v. § 253 StGB - kann nicht die Rede sein, allenfalls unter Druck setzen und unter DRuck gesetzt sollten wir alle.

Weiter heisst es:

"Sonntagabend sind drei Mitglieder des Bundesvorstands der Piratenpartei, darunter der Schatzmeister und die Generalsekretärin zurückgetreten und haben den Bundesvorstand dadurch handlungsunfähig werden lassen. Als Begründung für diesen Schritt wurde angegeben, man wolle eine Gelegenheit bieten, “die Piraten endlich von ihrem politischen Schlingerkurs zu befreien” und man habe es nicht geschafft “als Vorstand ein Team” zu werden. Gescheitert sei der Vorstand laut den drei Ausgeschiedenen an der Ausrichtung der Partei. Der Rücktritt lässt die Partei knappe zehn Wochen vor der Wahl des EU-Parlaments ohne einen handlungsfähigen Vorstand dastehen und zieht den Fokus vom Wahlkampf auf pure Selbstbeschäftigung.
In beiden Fällen wurden Machtpositionen ausgenutzt, um der Partei Schaden zuzufügen und so eigene Positionen durchzusetzen."

Den Rücktritt vom Sonntag halte ich im Moment für wenig hilfreich, kann aber verstehen wenn jemand sein politisches Amt niederlegt weil er ein bestimmtes Verhalten nicht mehr mitzutragen gedenkt. Der Freiheit für ein Amt zu kandidieren steht zugleich auch das Recht jedes Einzelnen zu sein Amt dann niederzulegen wenn er ein bestimmtes politisches Verhalten nicht mittragen kann und will. Man mag das anders sehen. Zu einem Verbleiben in einem Amt kann jedoch kein Amtsträger gezwungen werden. Hilfreich ist der Rücktritt zum gegenwärtigen Zeitpunkt sicher nicht, verhindern kann man ihn so z.Z.nicht.

Ich denke dass sich die Piraten in der Verwaltung und IT und auch die zurückgetretenen BuVo Mitglieder sehr wohl ihrer Verantwortung bewußt waren und bewußt sind. Sie wissen sicher dass ihre Positionen - die sie i.Ü. unbezahlt lange lange Zeit für uns alle ausführen - Machtposition sind.

Der Schluß der Jungen Piraten, daß diese Verantwortung auch dazu führen müsse, dass man sich nicht die eigene Neutralität einreden dürfe, ist mehr als dürftig. Zwar sind alle Entscheidungen innerhalb einer politischen Vereinigung auch politisch, falsch ist aber das weitere Argument mit dem unterstellt werden soll die Aktivisten hätten für sich Adjektive wie "neutral" oder gar "objektiv" reklamiert.

Darum ging und geht es bei diesen Aktionen nicht. Es geht zusammengefaßt bei der Frage des Orgastreiks um ein sehr deutliches "Reißt Euch mal zusammen und redet endlich miteinander anstatt übereinander". 

Beim Rücktritt der drei BuVo Mitglieder geht es soweit ich es verstanden habe um ein Signal gegenüber einer Gruppierung innerhalb der Piraten, die meint allein mit den Weihen des "Antifaschismus" versehen - den man deren eben nicht zubilligt, sondern die man gern und lautstark in die wie immer geartete "rechte Ecke" stellen will - eben dieser Gruppe einmal klar zu machen dass sie kein Mandat haben für "die Piraten" zu sprechen.

Ein solches Signal wäre es gewesen seitens des BuVo einmal klare Stellung zu beziehen gegen eine "Demokratie der Lautstärke". Dieses Signal fehlte und fehlt vielen Piraten bis heute und hat dazu geführt dass viele gute Leute die Partei verlassen haben. Und weitere gute Leute stehen in den Startlöchern dazu. In solch einer Situation mag man den Satz prägen "Ideologiefreiheit ist eine Lüge. Wir sind politisch, nicht unpolitisch."

Der Verfasser müßte nur noch erklären was er unter der "Lüge der Ideologiefreiheit" - die niemand der Kritisierten für sich erkennbar in Anspruch nimmt - versteht. Mir schwant da nichts allzu Gutes. Dem Nimbus des "Ideologischen" folgt oftmals die Ideologie der Verfechter der "einzig wahren Prinzipien" zu sein. Und ehrlich gesagt solche "Prinzipienwahrer" und "Verfechter des einzig wahren Glaubens" hatte die Menschheit als Zwangsbeglücker schon allzu oft. Ich will hier nicht die unpassende Keule der "Extremismusgleichsetzerei" schwingen. Mir reicht es darauf hinzuweisen dass die, die die Ideologie (des rechten Weges) für sich gepachtet haben gar allzu oft als Sektierer enden.

In diesem Sinne, auf weitere gute Zusammenarbeit und denkt mal darüber nach dass vielleicht nicht jeder andersdenkende Pirat gleich ein "Erpresser, Saboteur, Renegat oder Häretiker ist der die einzig wahren Ideale verrät".

Auch ich möchte an dieser Stelle den Bundesvorständen danken, die weiter ihre Arbeit machen, aber auch  denen den Respekt nicht versagen, die bisher ihre Arbeit geleistet haben nun aber aus nachvollziehbaren Gründen meinen ihr Amt niederlegen zu müssen. Es ist nun an uns allen - alte und junge Piraten - endlich das zu machen was lange überfällig ist, eine offene Diskussion innerhalb der Partei.

Und ganz zum Schluss nur noch ein kurzer Hinweis. Zur politischen Verantwortung gehört auch das Anhören des anderen, auch und gerade wenn und bevor man in die Öffentlichkeit tritt. Das hat mir in der Verlautbarung der Jungen Piraten entschieden gefehlt.

Dienstag, 4. März 2014

Worte des Vorsitzenden ... heute: Ein Brief aus der Ukraine

Der heutige Artikel soll sich mit den Vorgängen in der Ukraine aus der Sicht einer Ukrainerin befassen. Mehr als fünf Jahre habe ich in der Ukraine verbracht, mehr als acht Jahre in Russland. Ich kenne Menschen in beiden Ländern und viele davon kann ich mit stolz als "meine Freunde" bezeichnen. Umso mehr tut es mir weh zu sehen was zur Zeit dort passiert. Die Situation ist mehr als verworren und ich bilde mir nicht ein mir ein abschliessendes Urteil bilden zu können. Den nachfolgenden Text habe ich heute von einer meiner ukrainischen Freunde bekommen und ich stelle die Übersetzung - mit all ihren Fehlern - mal hier in das Netz weil ich denke dass sich die Menschen im Westen selbst ein Urteil bilden sollten unabhängig von westlichen oder östlichen Medien. Einen Kommentar werde ich an dieser Stelle nicht schreiben. Ich bin ein Beobachter fernab von dem was da in der Ukraine gerade passiert. Aber meine Gerdanken sind bei meinen Freunden in der Ukraine und in Russland, die im Moment schwere Zeiten durchleben. Ich finde den Gedanken unerträglich dass sich die Kinder meiner Freunde in beiden Ländern vielleicht bald in Waffen auf "Befehl von oben" gegenüberstehen.

Und hier nun der Brief von Irina mit der gemeinsam gearbeitet habe, mit der wir aus unserem Team Probleme gelöst und gelacht und auch gefeiert haben.

Liebe Freunde,

Endlich haben wir haben die Möglichkeit, eine saubere, freie, demokratische Gesellschaft zu errichten! Das Regime von Korruptionären und Mördern, die mit ihren Familien die Ukraine vier Jahre lang ausplünderte und eine Diktatur schufen, ist gestürzt.
Lest mehr über uns und schaut den ukrainischen Fernsehsender "Channel 5", " Gromadska TV" und glaubt nicht ein Wort der russischen Propaganda, denn was sie sagen ist nicht wahr.
In Kiew ist es jetzt, nachdem die "Berkut"-Einheiten (Sondereinsatzkommandos der Polizei für die innere Sicherheit - Anmerkung des Übersetzers) friedliche Demonstranten erschossen haben, ruhig auf dem Maidan. Die Menschen in Kiew legen Millionen von Blumen auf den Platz, wo hunderte unbewaffnete Menschen auf den Befehl des Verbrechers Janukowitsch hin getötet wurden. Wir waren die ganze Zeit auf dem Maidan - Die Ukrainer haben es satt in unter einer korrupten Banditenregierung zu leben die selbst die Gesetze für sich schrieb.

40 Millionen pro Jahr hat Janukowitsch und seine Familie den Menschen gestohlen. Auf der Krim herrscht eine russische Agression. Nazis ? - Das sind Putin und Janukowitsch, die wegen ihrer imperialen Ambitionen selbst die Welt in die Luft sprengen würden. Dutzende unserer Freunde sitzen auf der Krim zu Hause - Russischen Truppen patroullieren auf der Straße mit Waffen - Das ist ein Präzedenzfall . Könnte man in Kasachstan oder Deutschland so einfach Truppen auf die Strasse schicken? Und in der Ukraine? Wie kann man gegen seine Brüder kämpfen? Die fortschrittlichen Weltgemeinschaft unterstützt uns. 
Seht selbst wie unser Präsident und Generalstaatsanwalt Pshenko lebte in Mezhigorie  - Alles ist im Internet zu sehen. Wir hoffen, dass Ihr uns unterstützt.

Liebe Grüsse Iryna S.

Nachtrag: Bilder aus dem Anwesen des ehemaligen Präsidenten Janukowitsch

Sonntag, 2. März 2014

Worte des Vorsitzenden ... heute: Politische Rüpel

Man hat sie in jeder Partei. Gemeint sind die, die sich selbst offenbar als "Gralshüter des einzig wahren Weges" darstellen und heute die Rolle derer übernehmen die seinerzeit die Inquisition beim Kampf gegen Häretiker inne hatte oder die aus Sorge um die innerparteiliche ideologische Reinheit auch nicht davor zurückschreckten mal kurz "reinen Tisch zu machen".

Die Ergebnisse des Wirkens der bar jeden Selbstzweifels Wirkenden kann man, sofern man sich ein wenig für Geschichte interessiert, an vielen Orten dieser Welt wiederfinden, leider.

Ich bin seinerzeit in eine Partei eingetreten, die sich dem Neuen verschrieben hatte und auch heute noch verschrieben hat. Das Neue ist die digitale Gesellschaft die vielerlei Chancen für die Menschen bietet. Im Internet einkaufen? Kein Problem. Mit Freunden aus Übersee kostenlos telefonieren? Skype macht's möglich. Und seine Ansichten einer unbestimmbaren Anzahl von Leuten rund um die Welt kundzutun? Auch das ist heute eine Selbstverständlichkeit. Mit Hilfe von "Social Media" kann jeder sich und seine Ansichten ohne grossen Aufwand publizieren.  Aber auch so manche Gefahr die man selbst nach der Lektüre des Buches "1984" von  George Orwell für kaum vorstellbar hielt, sind spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden aus der Sphäre der Fiction in die Wirklichkeit eingekehrt. Gut dass es da neben dem Einheitsbrei der Bundestagsparteien eine neue politische Gruppierung gibt die sich dieser und anderer Probleme, wie z.B. die Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen und dem Ende des Mythos von der "Vollbeschäftigung". Diese politische Kraft sind die Piraten.

2009 bin ich bei den Piraten "aufgeschlagen". Nach langjähriger politischer Abstinenz fand ich eine gute Aufnahme bei den Piraten in Leipzig. Auch wenn ich in der Folgezeit einige weniger schöne Auseinandersetzungen miterleben durfte, so ist die Piratenpartei immer noch MEINE politische Heimat. Viele nette Leute habe ich in der Zwischenzeit auf ungezählten Veranstaltungen der Piraten kennengelernt. Und es macht Spass gemeinsam mit ihnen politische Aktionen vorzubereiten und durchzuführen.

Mich freut es auch wenn neue Leute den Weg zu den Piraten finden. Mit meinen mehr als sechzig Jahren habe ich so manches gesehen und die Erziehung die ich genossen habe unterscheidet sich wohl doch von dem was heute so unter "Erziehung" und "gute Manieren" verstanden wird. Für mich zählt dazu in einer politischen Gruppierung mit dem Anspruch den die Piraten an sich selbst stellen nach meiner Meinung auch, dass man sich einigermassen gesittet verhält wenn Fragen gestellt werden die einem selbst vielleicht nicht passen mögen.
Dazu gehört auch das Selbstverständnis, dass alle Piraten untereinander einen höflichen Umgangston anschlagen. Und so ganz am Rande sei nur erwähnt dass das piratige Selbstverständnis wohl auch beinhaltet dass Mandatsträger nicht "über dem gemeinen Fussvolk" stehen. Eine schnodderige Antwort auf den Hinweis dass manche Leute im Dunstkreis des Mandatsträgers besser nicht kandidieren mögen da sie sich zu sehr exponiert haben hilft da wohl kaum weiter. Nur gut zu wissen dass die dabei infrage stehende "Bereicherung" es dann doch letztlich nicht in den Landesvorstand schaffte. Es steht zu befürchten dass sie die Riege der Piraten mit Umgangsformdefizit nur unnötig erweitert hätte.

Vielleicht ist in der Zwischenzeit tatsächlich eine Gruppe der "Rechtgläubigen Lordsiegelbewahrer" entstanden die sich allmählich abhebt von der von ihnen so oft zitierten Basis und die dabei nicht nur alle Umgangsformen vermissen lassen, wer weiss das schon? Gut zu wissen dass ich solche Leute in dem Kreisverband ich dem ich bin nicht antreffe.